Von einem Totalversagen des Corona-Managements muss man angesichts der aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung zur Priorisierung der PCR-Tests sprechen. Weil die Testkapazitäten durch die explodierenden Infektionszahlen nicht mehr ausreichen, sollen nur noch Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und Personen mit dem Risiko eines schweren Verlaufs eine PCR-Testung bekommen. Für die übrige Bevölkerung bleiben nur noch Antigen-Schnelltests, die aber nur mit einer ca. 85 % Treffsicherheit eine Infektion nachweisen. Die Alternative ist eine unnötige Quarantänezeit von bis zu 7 Tagen, um auf das Ergebnis des Tests zu warten.
Besonders davon betroffen sind Erzieher und Lehrer, samt den Schülern. Aktuell werden bis zu 20% der Schüler positiv getestet. Und bei einem positiven Pool-Test wird eine individuelle Nachtestung gar nicht mehr durchgeführt. So ist ein Chaos unvermeidbar und ein geregelter Schulunterricht gar nicht mehr durchführbar. Der Gipfel der Verantwortungslosigkeit wird in NRW erreicht, wo nach positiven Pool-Tests alle Kinder am nächsten Morgen kommen müssen, um gemeinsam einen Schnelltest zu machen. Dass bis heute – 2 Jahre nach Pandemieausbruch die Schulräume regulär nicht mit Luftfiltern ausgerüstet sind, zeigt die „Ernsthaftigkeit“ der Schulministerien.
Die Priorisierung hat weitreichende Auswirkungen. Wenn nur noch ein kleiner Teil der Infizierten PCR-gestestet und auch gemeldet wird, werden die offiziellen Inzidenzwerte zwar sinken. Die Omikron-Infektion wird sich jetzt aber völlig unkontrolliert ausbreiten – mit allen Konsequenzen. Ein Zusammenbruch von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur ist nicht auszuschließen.
Es ist ein Chaos mit Ansage: Seit mindestens 6 Wochen warnen Fachleute vor der extrem infektiösen Omikron-Variante. Es wurden keine Maßnahmen getroffen, außer der Werbung für die Booster-Impfung, die weiterhin dringend notwendig und sinnvoll ist, um schwere und tödliche Verläufe zu reduzieren. Ein sicherer Schutz gegen eine Omikron-Infektion ist sie aber nicht. Ein kurzer und konsequenter Weihnachts-Lock-down – wie von der Mediziner-Plattform gefordert – wurde aber abgelehnt – ganz im Interesse der großen Konzerne, die darauf drängen, endlich zur „Normalität“ überzugehen. Dass angesichts von der „Wand“ der anrollenden Omikron-Infektion nicht einmal die PCR-Kapazitäten ausgebaut wurden, ist ein fatales Versäumnis.
Dabei ist es labortechnisch gar kein Problem. In Wien kann jeder Bürger/in einmal Pro Tag seinen PCR-“Gurgel-Test“ im Supermarkt abgeben, die Auswertung erfolgt vollautomatisch Das Ergebnis bekommt er 3 Stunden später. 500 000 werden dort täglich getestet. Damit können die Menschen sich rechtzeitig in Quarantäne begeben und die Regierung hat einen Überblick über das Infektionsgeschehen. Der Staat erstattet die Kosten, 6 € pro Test.
In ganz Deutschland werden aktuell bis zu 394 000 PCR-Tests pro Tag durchgeführt. Es gibt zwar automatisierte Tests mit vergleichbarer Spezifität und Sensitivität – die aber nicht finanziert werden, weil diese Tests nicht von einem Arzt durchgeführt werden Das ist an den Haaren herbeigezogen. Die aller meisten Laboruntersuchungen sind heute automatisiert.
Der Deutsche Städtetag schlägt mittlerweile vor, auf PoC-PCR-Tests zu setzen. Mit einem Gerät könnten mehrere Tausend Tests pro Tag durchgeführt werden.
Es bleibt die Frage, weshalb auch die neue Regierung sehenden Auges in dieses Chaos schlittert. War es das Beharren auf ein pragmatisches „auf Sicht fahren“? Die illusionäre Hoffnung, die Pandemie würde sich mit Impfungen allein und mit der flächendeckenden Omikron-Durchseuchung in eine harmlose grippe-ähnlichen Endemie verwandeln? Oder passt es manchen Politikern ganz gut ins Konzept, weiter Verunsicherung zu verbreiten, um von anderen Problemen des kapitalistischen Krisengeschehens abzulenken? Ein wesentlicher Grund ist weiterhin die Forderung der Monopole, dass die Produktion unter allen Umständen aufrecht erhalten wird.
Umso wichtiger ist die bewußtseinsbildende Aufklärungsarbeit. Wichtige Forderungen sind ein sofortiger Ausbau der Testkapazität, ein kurzzeitiger konsequenter Lockdown, klare und einheitliche Regelungen zum Gesundheitsschutz, überzeugende Aufklärung über Prävention und der breite systematische Einsatz der Frühtherapie bei Covid-Infektion.
In Hinblick auf künftige Covid-Pandemiewellen ist auch eine gut begründete Entscheidung für eine Impfpflicht erforderlich.
Wenn Sie im Gesundheitswesen tätig sind und dies richtig finden – bitte schliessen Sie sich der Medizinerplattform im Internationalistischen Bündnis an! E-Mail genügt!
medizinerplattform@interbuendnis.de
Bleibt / Bleiben Sie gesund
Ihre/Eure
Günther Bittel, Willi Mast und Günter Wagner